– Afrikanische Künste, transkultureller Tausch und ethnologische Sammlungen. Ein Vortrag mit Diskussion von Prof. i. R. Fritz W. Kramer (für Kunsttheorie und Ethnologie, zuletzt an der Hamburger Hochschule für Bildende Künste), Grußwort Frau Prof. Dr. Barbara Plankensteiner, Direktorin des MARKK.

A 169: Modell: Schiff mit Figuren
China
J. F. Schmidt, Eingang 1858
© M. Hollaender/et al./MARKK

Das Zitat stammt von Leo Frobenius während seiner Forschungs- und Erwerbsreise in den Kongo für das Hamburger Völkerkundemuseum, der 1906 von seinen Kontakten mit afrikanischen Künstlern berichtet. Er zeigt, dass die Erwerbsgeschichten vieler  ethnologischer Sammlungen in Europa Tauschgeschichten lokaler Gemeinschaften sind. Um diese spannungsreiche Wechselseitigkeit sichtbar zu machen, versucht Prof. Fritz Kramer den Besitzerwechsel der Objekte nicht nur aus der Sicht der Sammler zu betrachten, sondern auch und vor allem aus der der Herkunftsgesellschaften.

Eine Veranstaltung der Freunde des Museums für Völkerkunde mit anschließendem Umtrunk.

Prof. i. R. Fritz W. Kramer (aus der ZEIT 20/2018, gekürzt – den Gesamttext finden Sie hier)

Ethnologen wissen seit Langem, dass zahlreiche Objekte in den Museen geraubt wurden. Neben Waffen waren das vor allem Insignien königlicher Macht; und Kultgegenstände, die bei uns als Kunstwerke gelten, sind zudem oft schlicht bei Nacht gestohlen worden. Aus Sicht vieler Ethnologen ist die aktuelle Debatte über Raubkunst aus kolonialem Kontext  daher längst überfällig. Und doch ist eine Richtigstellung geboten. Denn in der Öffentlichkeit erscheinen die Gesellschaften, aus denen die Objekte stammen, jetzt nie als handelnde Subjekte, sie werden durchweg zu passiven Opfern degradiert.

Wer nämlich ethnografische Sammlungen pauschal anklagt und suggeriert, Raub und Betrug sei das Grundprinzip kolonialzeitlichen Sammelns gewesen, verkennt zwar nicht unbedingt die Redlichkeit von Ethnografen, Kolonialbeamten und Händlern, wohl aber die traditionelle Leidenschaft nicht kapitalistischer Gesellschaften für den Tausch. Gerade für sie war der Erwerb und die Akkumulation von Gütern aus einer fremden Welt über jeden praktischen und ökonomischen Nutzen hinaus ein elementares Bedürfnis, die Fähigkeit zum Tausch eine Eigenschaft des Menschseins schlechthin.

Jenseits der juristisch zu klärenden Fälle von Raub und Diebstahl bot die Praxis des Sammelns daher für beide Seiten, für die Ethnografen wie für ihr Gegenüber, die Chance, in den Besitz geheimnisvoller Wertgegenstände zu gelangen und zugleich soziale Beziehungen zu Fremden aufzunehmen. Um diese spannungsreiche Wechselseitigkeit sichtbar zu machen, versucht  Prof. Fritz Kramer den Besitzerwechsel der Objekte nicht nur aus der Sicht der Sammler zu betrachten, sondern auch und vor allem aus der der Herkunftsgesellschaften, soweit sie selbst sich zurecht als Akteure in Transaktionen verstanden.